Beschreibung
Im Herbst 1950 stellt die Rosenthal AG die von Fritz Heidenreich entworfene Orchideenvase 2592 vor. Die Vase erlangte unter der aus dem Werksjargon übernommenen Bezeichnung „Schwangere Luise“ außerordentliche Popularität und löste eine in diesen Jahren intensiv geführte Symmetrie-Asymmetrie-Debatte aus.
Nicht nur, dass erstmals eine neue Formvorstellung Eingang in die Keramik fand, die Asymmetrie der Vase signalisierte den Anfang der Befreiung vom ideologischen Ballast des untergegangenen 3. Reiches und führte geradewegs in die Wirtschaftswunderzeit der 50er und 60er Jahre. Nach den vielen Jahren der Entbehrung symbolisierte die dickbauchige Form ein neues Selbstbewusstsein und einen allgemein wiedererlangten Wohlstand.
Das in den ersten Jahren so beliebte „sehnsuchtsvolle“ Seladongrün (nach dem mattgrünen Gewand des Schäfers „Seladon“) bezeugt, dass die eigene Wohnung ein Ort des Rückzugs und die Familie zum Lebensmittelpunkt geworden war. Die hier angebotene Vase weist ein exaktes Seladongrün auf, so wie es auch der Preußenkönig Friedrich II. zu seiner Zeit für KPM Porzellan geliebt hatte. Für ihn war es zart und leuchtend zugleich. Die Farbe ist nicht zuletzt einesehnsuchtsvolle Reminiszenz an die vielbeschworene Blütezeit unter dem „alten Fritz“.
Der Erfolg dieser Vase und auch der im selben Jahr ebenfalls von Fritz Heidenreich entworfenen „Vase mit den sieben Gesichtern“ veranlasste die Rosenthal AG zu einer starken Ausweitung des Angebots asymmetrischer Objekte. Dieser Entwicklung folgten nahezu alle bedeutenden Hersteller, so dass in der rückblickenden Betrachtung der Fifties „die Einheit in der Vielfalt“ unverkennbar wird.
Literatur: Makus 1998, S.114; Ausst.Kat. Hundert Jahre Porzellan, Hannover 1982, S.17.
Preisref: 1. Auktion Quittenbaum München, 11.5.1998, Los 310, Taxe 600DM.
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