Description
Das hier angebotene Exemplar entspricht dem Entwurf, der für die Wohnhäuser des Siedlungsprojektes „Neues Frankfurt“ 1928 angefertigt wurde! Diese Ausführung wurde für das „Frankfurter Register“ ausgewählt.
Die Produktion des Telefons mit Bakelithörer und Blechkorpus wurde bis in die 30iger Jahre fortgesetzt. In Folge gab es verschiedene Versionen mit anders geformten Hörern, u.a. auch mit einer Wählscheibe aus Kunststoff und Kunststoffkabeln.
Das „Neue Frankfurt“ war ein Wohnungsbauprogramm (1925–1930), das die akute Wohnungsnot im Frankfurt am Main der 1920er Jahre beseitigen sollte. Der Deutsche Werkbund und das Bauhaus waren von Anfang an personell an der Umsetzung beteiligt.
Die Siedlungen des „Neuen Frankfurt“ sind ein bedeutendes Beispiel der klassischen Moderne und des Funktionalismus, wie es in der Architektur und im Design nach 1920 prägend wurde. Man setze auf Standardisierung, Normung und legte viel Gewicht auf die ästhetische Ausarbeitung. Mit vergleichsweise geringen Kosten entstand ein hoher Wohnkomfort. So wurden alle Wohnungen mit diesem Telefon und z.B. auch mit der berühmten, so genannten Frankfurter Küche von Margarete Schütte-Lihotzky, der ersten Einbauküche überhaupt, ausgestattet. Prinzipiell waren alle Teile standardisiert und meistens in städtischen Werkstätten hergestellt.
Dieses Telefon dokumentiert, wie kein anderes Beispiel den Status Quo der „Bauhäusler“. Die Wählscheibe steckte in einen einfachen, ganz der rationalisierten Fertigung geschuldeten Kasten aus gedrücktem Blech. Obwohl in diesen Jahren ein Telefon bereits kaum anders als aus Kunststoff zu denken war, blieb die Bezugnahme der Bauhäusler auf modernste Technologien eher selektiv. Nur für den Hörer wurde eine Bakelitform erarbeitet und diese orientierte sich nicht an der modischen Stromlinienform, die die Anwendungen der Kunststoffe allgemein einforderten, sondern an ergonomischen Überlegungen. Tatsächlich lag der asymmetrisch geformte Hörer, seinem an einer Seite gerade zulaufendem Rücken, während des Sprechens besser auf der Schulter bzw. der Brust. Es gab auch keine Irritation darüber, an welcher Seite der Hörer spontan zu greifen war. Das bot der zeitgleich produzierte Einheitsfernsprecher der Deutschen Reichspost, der W28 von Siemens & Halske nicht. Dieser war mehr als Einrichtungsstück, denn als Gebrauchsgegenstand konzipiert.
Für das so genannte „Frankfurter Register“ wurden in den Jahren 1928 bis 1931 einige wenige Gebrauchs- und Einrichtungsgegenstände – darunter auch dieses Telefon – ausgewählt. Dieses Register setzte sich aus 14 Einzelblättern zusammen, die der aktivistischen Zeitschrift „Das Neue Frankfurt“ bis 1931 beigelegt wurden. Die Zeitschrift thematisierte internationale Tendenzen des Neuen Bauens, aber auch die Erneuerung von Kunst, Wohnung und Bildung. Die Beilage stellte jedes Mal für die Serienproduktion geeignete, vorbildlich gestaltete Entwürfe vor. Die 6. Beilage zeigte das hier angebotene Telefon. Alle Objekte waren bebildert, der Hersteller wurde genannt und darüber hinaus oft noch Angaben zu dem Material, den Abmessungen und den Preisen gemacht. Immer wurden Mitarbeiter, Leser, Fabrikanten und Detaillisten eingeladen, an der Erstellung dieses Registers teilzunehmen. Die Idee eines Verzeichnisses für empfohlene Gebrauchsgegenstände stand ganz in der Tradition des Deutschen Werkbundes, der bereits 1915 das Deutsche Warenbuch auf den Weg gebracht hatte.
Literatur: Frankfurter Register, Blatt 6 in: Das neue Frankfurt Heft 4, 1929; Die Form, Zeitschrift für Gestaltende Arbeit, Nr.5, Heft 8, 15.4.1930, Titelblatt; Vgl. Heinz Hirdina (Bearb.): Neues Bauen, neues Gestalten: Das neue Frankfurt/die neue stadt, Eine Zeitschrift zwischen 1926 und 1933, hg. v. Amt für industrielle Formgestaltung, Dresden 1984, S. 191, v.a. S.174–218;W. Nerdinger (Hg.): 100 Jahre Werkbund, München 2007, S.163.
Preisreferenzen:
Quittenbaum München, 83. Auktion, 20. 6. 2009, Los 53, Zuschlag 5500€.
Quittenbaum München, 56. Auktion, 29.11.2005, Los 53, Zuschlag 3200€.