Beschreibung
Die „Steingutfabrik Velten-Vordamm“ war eines der lebendigsten und vielseitigsten Betriebe seiner Zeit. Der Leiter Dr. Hermann Harkort war technisch-wissenschaftlich ambitioniert und hatte in Velten ein eigenes Labor einrichten lassen, um die Forschungen zu Eigenschaften und Technologie zunächst des Steinguts und bald auch der Fayence voranzutreiben.
1922 nahm die keramische Werkstatt des Bauhauses Kontakt mit Harkort auf und seinerseits fand Harkort am Bauhaus ansatzweise schon verwirklicht, wofür er warb, nämlich die „im allgemeinen der Industrie abgeneigte Künstlerschaft für die so unkünstlerisch scheinende Massenherstellung“ zu gewinnen. Tatsächlich wurde die Steingutfabrik Velten-Vordamm das erste Unternehmen, das mit dem Bauhaus zusammenarbeitete. Zu Walter Gropius und Gerhard Marcks gab es schon seit Jahren Kontakte und mit Theodor Bogler gelang es Harkort ab 1924, einen wesentlichen Teil des schöpferischen Potentials der Bauhaus-Töpferei an seine Fabrik zu binden. Bogler hatte in Velten die Leitung der dortigen Künstlerwerkstatt übernommen und neben ihm arbeiteten Luise Harkort, Else Dörr und Antonie Mutter. Fortan kamen von hier kamen die Formen und Dekore, die zukünftig die entscheidenden Impulse für die Gesamtproduktion brachten.
Die künstlerische Laufbahn der Luise Harkort, geb. De Laporte (1886 New York – 1966 Erlangen), begann ebenfalls 1924 und endete mit der Schließung des Unternehmens im Jahr 1931. Am Anfang ihrer künstlerischen Laufbahn modellierte sie Blumen und Blätterstillleben aus Ton, die sie mit leuchtenden Schmelzglasuren überzog. Es waren Kompositionen von seltener Originalität, die an Fayencebildnereien des 18. Jahrhunderts erinnern. Nach Steingut wurden in der Künstlerwerkstatt bald auch Einzelstücke in der Fayence-Technik geschaffen und auch hier ging es darum Kunst, Handwerk und Technik neu zu verbinden. Die so genannten „Einzelfayencen“ zeichneten sich dadurch aus, „dass sie in Form und Bemalung von Künstlern selbst hergestellt und gezeichnet“ waren und „nicht mustergetreu, sondern in immer neuen Variationen vom Künstler gefertigt“ wurden. Luise Harkort schuf Service, Vasen, Schalen und Dosen mit hohem künstlerischem Einfühlungsvermögen. Der Einfluss Theodor Boglers mit seinen strengeren Formen und einfarbigen, z.T. geflossenen Glasuren oder Streifen- und geometrischen Dekoren ist nach 1925/26 nicht mehr zu übersehen. Die hier angebotene Dose liefert ein seltenes Beispiel dafür.
In: Gisela Reineking von Bock: Meister der deutschen Keramik 1900-1950, Köln 1978, Abb. 613, S.207.
Preisreferenz: Hauswedell & Nolte, Hamburg, Auktion 6.Juni 1991, Los 77, Taxe 1800 DM.
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