Campingtassen, Meladur, Martin Kelm, 1959/60 für Halle-Burg Giebichenstein

Campingtassen aus Meladur, leicht gewölbtes Gefäß, oval durchbrochener Scheibengriff, Untertassen mit zentrischem Tassenstand, Farbe: hellgelb.

Design: Martin Kelm, 1959/60,
im Auftrag des Schuleigenen Institut für Entwurf und Entwicklung, Halle-Burg Giebichenstein, gegr. 1958;
Hersteller: VEB Plastverarbeitungswerk Schwerin und VEB Preßstoffwerk Spremberg „Dr. Erani“ in Spremberg/Cottbus;
Marke: großes S mit dem eingeschlossenen Presswerkzeug.
Material: Kunststoff Melaminharz, Handelsname „Meladur“.
Maße: Tasse: Höhe 6,5 cm; Untertasse: Durchmesser 12,5 cm.

In sehr gutem Zustand, nahezu ohne Alterungserscheinungen.

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Objektenummer: KSt50191 Kategorien: Schlagwörter: , , ,

Beschreibung

Nach der Beendigung des Zweiten Weltkrieges gehörte die Burg Giebichenstein zu den ersten Kunstschulen in der Sowjetischen Besatzungszone, die wiedereröffnet werden durften – bereits im Oktober 1945. Im Rahmen der sich entwickelnden staatlichen Hochschulpolitik der DDR erfolgte dort bis 1958 die Umstrukturierung zur „Hochschule für industrielle Formgestaltung Halle-Burg Giebichenstein“, dem ein „Schuleigenes Institut für Entwurf und Entwicklung“ angeschlossen wurde. Bis Anfang der 1960er Jahre wurden hier Entwürfe für Haushaltsgegenstände aus Kunststoff, u.a. auch aus dem neuen Kunststoff „Meladur“ – die DDR-Bezeichnung für Melaminharzpressmassen, entwickelt.

Den Auslöser für die Entwicklung neuer Entwürfe für Konsumgüter aus Kunststoff gab das „Chemieprogramm“ von 1958, das Walter Ulbricht der chemischen Industrie diktierte. Danach sollte zukünftig die Chemie der DDR den erhofften Wohlstand und die Schönheit in die Wohnung bringen. Geschirr und Haushaltsgeräte aus neuen Materialien sollten die nun „unmodern“ geltenden Küchenartikel aus Metall und Porzellan ablösen und das Konsumverhalten der Bevölkerung der DDR bald vollkommen verändern.

„Meladur“ konnte als geruchs- und geschmacksfreier, wasserbeständiger, lösungsmittelresistenter, lichtechter, besonders stabiler, auch kochfester Kunststoff ganz neue Anwendungsbereiche eröffnen, vor allem solche, die im Zusammenhang mit dem Gebrauch von Nahrungsmitteln standen.

Die hier angebotenen Tassen zählen zu den ersten Grundformen, die Martin Kelm als Dozent für Gestaltungslehre und Mitarbeiter des benannten Instituts an der Burg (1959-1962) entwickelte. Er entwarf die Tassen für ein Kantinen- und Campinggeschirr in verschiedenen modernen Pastelltönen. Vorbilder fand er dafür in der Porzellanindustrie, wo der flüssige Schlicker ebenso wie der Kunststoff in Formen gegossen wurde, deren Gestaltung auf moderne Entwürfe der dreißiger Jahre, oder sogar der Jahrhundertwende zurückging. So zeigt Kelms Entwurf deutliche Parallelen zu Jutta Sikas berühmten Frühstücksservice für die Wiener Porzellanmanufaktur aus den Jahren 1901/02.

Aus den genannten Einrichtungen an der Burg rekrutierten sich mit Spitzen-Lehrkräften wie Erwin Andrä, Ilse Decho, Rudolf Horn, Paul Jung, Albert Krause, Hans Merz, Horst Oehlke und Hubert Petras ein Großteil der Designer(innen)-Elite der DDR.

Anders als seine Kollegen, die z.B. erfolgreich die Gestaltung von Rundfunk-, und Fernsehgeräten, von Lokomotiven und Rasierapparaten, Tafelbesteck oder Schwer- und Schreibmaschinen vorantrieben, schlug Martin Kelm einen ganz besondern Karriereweg ein. Er nutzte glückhafte persönliche Parteiverbindungen, die ihn innerhalb weniger Jahre vom Produktgestalter zum zentralen Designverwalter der ostdeutschen Republik aufsteigen ließen. 1971 veröffentlichte er die erste umfassende Schrift zum Designprozess in der DDR „Produktgestaltung im Sozialismus“. 1972 stieg er weiter zum Leiter des neu geschaffenen „Amtes für industrielle Formgestaltung“ (AIF) und dann zum Staatssekretär auf. Er zählt zu den ersten Personen, denen die Auszeichnung „Designpreis der DDR für hervorragende Leistungen auf den Gebieten Theorie und Praxis sowie Leitung und Planung des Designs“ verliehen wurde.

Form und Dekor, hrsg. v. Institut für angewandte Kunst (= Amt für Industrielle Formgestaltung AIF) Berlin, 1955 – 1961. Wk 1955 B, Bl.64.
Vgl. auch Fertigungsprogramm der plastverarbeitenden Betriebe der DDR, Ausgabe 1967,
Harriet Müller: Kunststoffartikel aus DDR-Produktion, Marken und weitere Kennzeichnungen als Hilfsmittel der Katalogisierung, Leipzig 2007.

Zusätzliche Information

Gewicht 1 kg

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