Waschkrug, Adelbert Niemeyer, 1912 für Villeroy & Boch, Mettlach

Design: Adelbert Niemeyer, um 1912
Ausführung: Steingutfabrik Villeroy & Boch, Mettlach, Formbez.: „Niemeyer“, Dekor: „lila Cäsar“; im Feb. 1913 Musterschutz für die Form angemeldet.
Bez. am Boden: Merkurmarke Unterglasur, Stempel Niemeyer Aufglasur.
Maße: Höhe: 26,5 cm; Durchmesser an der Mündung: 14 cm.

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Description

Adelbert Niemeyer gehört zu den führenden Persönlichkeiten des in München beginnenden Jugendstils. Als Sohn aus großbürgerlichem Haus studierte er 1883-1888 Malerei an der Düsseldorfer Akademie der Schönen Künste, anschließend bei Friedrich Fehr in München und schließlich an der Académie Julian in Paris. 1892 zählte er zu den Gründungsmitgliedern der Münchner Secession, der ersten Künstlervereinigung Europas, die gegen den von ihm ungeliebten Akademismus antrat. Damals erblickte man gerade im Kunstgewerbe die Lösung der stilistischen Probleme, was eine Reihe hervorragender Talente, wie Richard Riemerschmid, Peter Behrens, Bruno Paul und Albinmüller dazu veranlasste, von der bildenden Kunst in diesen Bereich zu wechseln. Niemeyer gründete mit dem Maler Willy von Beckerath und Karl Bertsch 1902 die Münchner „Werkstätten für Wohnungseinrichtungen“, die 1907 mit den Deutschen Werkstätten fusionierten.

1907 war er Mitbegründer des Deutschen Werkbundes und lehrte seitdem an der Kunstgewerbeschule München (später: Staatsschule für angewandte Kunst). In dieser Funktion trug er zuletzt den Titel Geheimer Regierungsrat. Von ihm stammen zahlreiche Entwürfe für die Porzellan-Manufaktur Nymphenburg, die Porzellanmanufaktur Meissen und für Villeroy & Boch, außerdem für Poschinger, Oberzwieselau, Richard Merkelbach, Höhr-Grenzhausen, und für die Schwarzburger Werkstätten für Porzellankunst in Unterweißbach. Sie zählten damals zu den fortschrittlichsten Unternehmern der Zeit.

Als 1915 der Dürerbund zusammen mit dem Deutschen Werkbund das „Deutsche Warenbuch“ herausbrachte, um weltweit Qualität „Made in Germany“ an zweckvoll und sachlich gestaltetem Gerät vorzuführen, waren auch seine Entwürfe für die Königlich-Bayerische Porzellanmanufaktur Nymphenburg, für die Schwarzburger Werkstätten und für Villeroy & Boch vertreten: so auch die hier angebotene Waschkanne.

Sein Entwurf ist herausragend. Im Vergleich zu den anderen Kannen sticht sein Entwurf, durch eine klar definierte moderne Form und seine zweckmäßige Handhabung heraus. Der Krug ruht auf breitem Standring, sein Füllgewicht konzentriert sich auf die untere Hälfte. Vom nahezu zylindrischen Körper leitete die abgesetzte, schräg eingezogene Schulter zum ebenfalls zylindrischen Hals mit kurz gekniffener Schneppe. Der wulstige Henkel wächst in einem Bogen organisch aus dem Korpus zum Kannenhals und ermöglichte ein sicheres Hochheben, Umschwenken und Zurückstellen ohne Überschwappen. Die Kanne erhielt die Firmenbezeichnung „Niemeyer“ und zählte auch innerhalb des Villeroy & Boch Angebotes zu den modernsten Formen, die um 1913 die Mettlacher Verkaufskataloge eroberten und das Erscheinungsbild der Firma bis in die dreißiger Jahre veränderten.
Auf der hier angebotenen Kanne befindet sich auch der ursprünglich für dieses Modell von Niemeyer mitentworfene breite, stilisierte Dekor. In den Verkaufskatalogen und auch im Jahrbuch des Deutschen Werkbundes wurde die Kanne entweder nur in weiß oder mit einem farbigen Rand oder Poliergoldrand abgebildet. Der hier selten gesehene Blatt- und Blütendekor ist ebenso wie andere die Niemeyer entwarf reich gegliedert, symmetrisch anlegt und gibt seine Beeinflussung durch eine frühe Reise in das osmanische Reich und die Bekanntschaft mit Iznik-Keramik, deren floral-abstrahierten Rapport- und Fülldekoren zu erkennen.

Quellen: Preisliste V&B Mettlach, Juli 1913; Jahrbuch des Deutschen Werkbundes 1914, Abb. S.113; Deutsches Warenbuch o.J. (1915), S.88/ K197.
Weiterführend: Heide Rezepa-Zabel: Das Deutsche Warenbuch, Reprint und Dokumentation, Berlin 2005, S.152, 429; Rudolf Trabold: Adelbert Niemeyer, Diss. Bonn 1990; Buddensieg 1995, Kat. Nr. 985, S.405, S.77.

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Weight 2 kg

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