Description
Das formal Neuartige dieses Bechertyps ist der Versuch, die klassische Dreiteilung Kuppa-Stiel-Fuß aufzugeben zugunsten des fertigungstechnisch einfacheren massiven und dadurch schweren Fuß, der Greif- und Standfunktion gleichzeitig erfüllt. Diesem ausgereiften Entwurf ging eine Reihe von Versuchen, die Wilhelm Wagenfeld in den Jahren 1949/50 unternahm, voran.
Der aufwendige Schliff dient nicht allein der visuellen Veredelung der Glasform. Durch die Kanten bekommt der Becher eine Oberfläche, die auf das Tastgefühl der Hand intensiver wirkt, als dies bei einem glatten Glas der Fall wäre. Wagenfelds Entwurf stellt an die Glasmacher hohe Anforderungen. Die dünnwandigen Gläser durften keine Schlieren oder Einschlüsse enthalten. Mit exakten technischen Zeichnungen gab er die Maße des zu fertigenden Werkstückes vor. Strenge Kontrollen sicherten das hohe handwerkliche Niveau der Glasqualität.
Sein Entwurf fällt in die Zeit der Gründung des Rat für Formgebung/German Design Council, der 1953 auf Beschluss des Deutschen Bundestags ins Leben gerufen wurde, um dem wachsenden Informationsbedarf der Wirtschaft zum Thema Design zu entsprechen. Im Gründungskonzept finden sich die von Wilhelm Wagenfeld formulierten Gedanken zur „Ethik der Form“ und des Massenprodukts wieder. 1969 erfolgte erstmals die Vergabe des Bundespreises „Gute Form“ und Wagenfelds Gläsersatz „Greif“ erhielt diesen Preis anlässlich der Eröffnung der Deutschen Industrieausstellung. Seit 1992 wird der „Bundespreis Produktdesign“ und seit 1993 auch der Bundespreis „Förderer des Designs“ vergeben. Beide wurden seit 2002 zum jährlich verliehenen „Designpreis der Bundesrepublik Deutschland“ verschmolzen.
Anlässlich der Ausstellung fünf Jahre Bundespreis „Gute Form“ kommentierte der Rat für Formgebung als Veranstalter: „Der Trinkgläsersatz ist ein Beispiel dafür, einen Satz Trinkgläser durch einen neuartigen Schliff formal zu bereichern und in seiner optischen Wirkung zu steigern, ohne dass dabei der Eindruck von Prunk entsteht. Anstelle der überlieferten Dreiteilung von Fuß, Stängel und Schale ist eine neuartige Einheit getreten.“
Literatur: Thomas Dexel; Trinkgefäße aus Glas in der Formsammlung der Stadt Braunschweig, Braunschweig 1978, S.79, Abb.73; 5[Fünf] Jahre Bundespreis Gute Form: Eine Ausstellung des Rates für Formgebung; Deutsches Museum München, 20. Juli bis 22. Sept. 1974, Darmstadt 1974; Kat. Bremen 1994 (Werkverzeichnis), S.320, Nr. 308.
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