Description
Wilhelm Wagenfeld, der wohl bedeutendste deutsche Industriedesigner nach Peter Behrens war ein Entwerfer mit Visionen. Die Industrialisierung und die damit verbundene Massenproduktion von Gebrauchsgegenständen bedeuteten ihm eine Chance für den Aufbau einer klassenlosen Gesellschaft, jedenfalls was den Geschmack betraf. „Jedes Stück“ sollte „so schön und praktisch“ sein, „dass sich der Reichste wünscht, es zu besitzen, und so preiswert, dass auch der Ärmste es sich kaufen kann“ und „die beste Eigenschaft der Dinge um uns, sollte das Anspruchslose sein“(1946). Seine unvergänglichen, zeitlosen Schöpfungen von einfachen Dingen des täglichen Gebrauchs haben die Produktkultur in der Mitte des 20. Jahrhunderts mitbestimmt und beherrscht.
Das Bowlenservice zählt zu jenen unverkennbaren Produkten der Nachkriegsära, die dem Ideal der „Form ohne Ornament“ aus den zwanziger Jahren verpflichtet blieb, und nach dem Krieg als neues Kulturgut einer noch jungen Demokratie wahrgenommen wurde.
Für das Plastikwerk Johannes Buchsteiner entwarf Wagenfeld in den Jahren 1955 bis 1958 über 20 Produkte – von denen allerdings nicht alle zur Ausführung gelangten. Zu den musealen Klassikern zählt heute der Bowlenlöffel, zudem das das hier angebotene Punchgefäß gehörte. Sein unprätentiöser, geradliniger, aber ergonomisch und funktional durchdachter Entwurf machte ihn zu einem beliebten Gebrauchsgegenstand, zum stillen Helfer, der von aufmerksamen Besitzern weit über seine Produktionszeit verwahrt wurde. Das Service ist gut zu verstauen, es ist leicht, aufgrund seiner Transparenz lässt es sich mühelos durch Gläser und vielfältiges Zubehör ergänzen, die Kelle ist gut zu führen, der Stiel schmiegt sich ergonomisch in die Handinnenfläche, die Laffe fasst ein gutes Bechermaß, das sich über eine angedeutete Schnaupe problemlos ausschenken lässt. Der einzige Nachteil lag in dem Material selbst begründet. Acryl bzw. Plexiglas zerkratze nach einiger Zeit und wurde unansehnlich. Zeitgleich kamen die vergleichbar erschwinglichen und unverwüstlichen Cromagangefäße auf. Das hier angebotene Bowlenservice zeigt nur minimale Benutzungserscheinungen. Die Originaletiketten sind nahezu unbeschädigt. Es wurde pfleglich über ein halbes Jahrhundert aufbewahrt – was wohl als der beste Beweis für die Wertschätzung der Form gelten kann.
In: Werkverzeichnis: „Täglich in der Hand, Industrieformen von Wilhelm Wagenfeld aus sechs Jahrzehnten, hg. von B. Manske, Bremen 1994, S.327, Nr.428.
Dynamic Plastics, Vom Bakelit zum High-Plast, hrsgeg. vom Kunststoff-Museum Düsseldorf 1989, S.62, Nr 103.
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