Description
Die Porzellanfabrik Arzberg konnte ab 1952 Heinrich Löffelhardt für die künstlerische Leitung gewinnen. Damit trat er die Nachfolge des unerwartet verstorbenen Dr. Hermann Gretsch an, der vor dem Krieg für das Unternehmen erste, im Sinne des Deutschen Werkbundes zeitlose, moderne Formen (bekannt ist vor allem die Form „1382“) schuf.
In den fünfziger und sechziger Jahren entstehen dann unter Löffelhardts Ägide weitere sehr erfolgreiche und hochprämierte Entwürfe, die im Auftrieb des Wirtschaftswunders stilbildend wirkten und Arzberg zu einer der ersten Adressen für hoch entwickeltes, formvollendetes Porzellan machten. Vor allem bekannt ist Löffelhardts Form 2000, die 1954 auf den Markt kam, und sofort sehr erfolgreich lief und selbst für das Bundeskanzleramt bestellt wurde.
Der hier angebotene Schalensatz „Arzberg 1100“ zählt zu seinen wichtigsten Entwürfen. In überzeugender Weise veranschaulicht er die im neu gegründeten Werkbund (ab 1947) und im „Rat für Formgebung“ (1953) vertretenen Maßstäbe industrieller Gestaltung.
Als Werkbundmitglied trat Löffelhardt ein für funktionales, unverlogenes, klares, fest umrissenes und damit zeitloses Design. In einer Zeit, in der eine ausgezerrte Welt durch bunte, modische, billige Saisonartikel „geschönt“ wurde, konnte eine sachlich ausgerichtete, allgemein verfügbare und verständliche Objektgestaltung, die heute mit „sozialem Design“ gleichzusetzen ist, langsam aber immer sicherer überzeugen
Im Nachkriegsdeutschland lieferte der Schalensatz ein beredtes Beispiel für die „Gute Form“, die als Botschafter der jungen Demokratie ins Ausland geschickt wurde und noch ein internationales Publikum beeindruckte.
1960 erhielt Löffelhardt für diesen Schalensatz den Grand Prix der mailändischen Triennale und die Ehrenurkunde des deutschen Generalkommissars der Weltausstellung, Montreal 1967.
Dieser Entwurf ermöglichte mit einem Minimum an Teilen, ein Maximum an Möglichkeiten, es zu nutzen. Er bestand aus nur 6 verschiedenen Teilen. Mit einem weiteren kleinen Schalenset, wird es zu einem Gedeck für zwei Personen, das sich er sich zu einem Kubus mit 8 Teilen zusammensetzen lässt.
In einem Werbeprospekt aus den 1960er Jahren heißt es: „Drei Größen flach, drei Größen tief bieten die Möglichkeit von zwanzig Gebrauchskombinationen für die verschiedenen Haushaltszwecke. […] Gefüllte Schalen lassen sich gut abdecken und raumsparend aufeinander stapeln. Luftdurchlässigkeit unter den Deckeln fördert das Frischhalten.“
Die rechteckigen und quadratischen Schalen haben einen passenden Deckel, der überdies als Untersetzter oder Beilagenteller benutzt werden kann. Man konnte auch mehrere Deckel als Beilagenschalen mit Untersetzern kombinieren. Die kleinere der quadratischen Schüsseln war genau halb so groß wie die rechteckige Schüssel, und diese wiederum war genau halb so groß wie die große quadratische Schüssel.
Löffelhardts Entwurf erforderte damals ein Höchstmaß an passgenauer Fertigung und damit arbeitsaufwendiger Maßnahmen. Diese Fertigungsproblematik könnte erst 30 Jahre später durch das isostatische Pressen und Druckgießverfahren gelöst werden.
Der Schalensatz gewährleistete, dass sich alle Teile einfach stapeln lassen und besonders platzsparend in der Aufbewahrung sind, ob im Schrank, am Tisch oder im Kühlschrank, der Anfang der 60er Jahre in deutschen Haushalten Verbreitung fand. Die AEG legte noch ihren Kühlschränken Prospekte dieses Schalensatzes bei. Ein frühes Beispiel für „Co-Branding“.
Das von Löffelhardt aufgegriffene Prinzip der einfachen und vielseitig anwendbaren Formen ist mit dem Schalensatz nicht mehr wegzudenken.
In: Deutsche Warenkunde: Eine Bildkartei des Deutschen Werkbunds, Darmstadt 1955-1961, hier Ausgabe 1955 A, Bl.96.
In: Carlo Burschel (Hg.): Heinrich Löffelhardt. Industrieformen der 1950er bis 1960er Jahre aus Porzellan und Glas, Bremen 2004, Abb. S.157.
In: H. Rezepa-Zabel: Schönwald Porzellan, in: Sammler Journal, August 2012, S.44-51.
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