Description
Wilhelm Wagenfeld, der wohl bedeutendste deutsche Industriedesigner nach Peter Behrens war ein Entwerfer mit Visionen. Die Industrialisierung und die damit verbundene Massenproduktion von Gebrauchsgegenständen bedeuteten ihm eine Chance für den Aufbau einer klassenlosen Gesellschaft, jedenfalls was den Geschmack betraf. „Jedes Stück“ sollte „so schön und praktisch“ sein, „dass sich der Reichste wünscht, es zu besitzen, und so preiswert, dass auch der Ärmste es sich kaufen kann“ und „die beste Eigenschaft der Dinge um uns, sollte das Anspruchslose sein“(1946). Seine unvergänglichen, zeitlosen Schöpfungen von einfachen Dingen des täglichen Gebrauchs haben die Produktkultur in der Mitte des 20. Jahrhunderts wesentlich mitbestimmt und beherrscht.
Nach dem Krieg übernahm Wilhelm Wagenfeld die Lehrtätigkeit an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin und gründete 1954 die „Werkstatt Wagenfeld“ in Stuttgart. Bereits 1949 hatte er die intensive Zusammenarbeit mit der WMF aufgenommen. Er wurde künstlerischer Leiter der WMF und in dieser Funktion zu Qualitätsfragen auf allen Arbeitsgebieten herangezogen. Der hier angebotene Schüttelbecher zählt zweifelsfrei zu den schönsten Entwürfen der Nachkriegsära, die den Werkbund – und Bauhausidealen verpflichtet blieben und dem Unternehmen ein Image als qualitätsvoller, solider Hersteller einbrachten. Wagenfelds Becher war weder modisch oder besonders markant oder nobel, seine Qualität lag in der wohlfeilen Ausgewogenheit der Form begründet, der dezent-eleganten Linienführung und der ergonomischen Handhabung, die es auch kleineren Händen erlaubten, den Becher und Deckel zu umfassen und zu schütteln.
Wagenfelds Arbeiten aus dieser Zeit verschafften ihm weltweite Anerkennung in der Fachwelt. Neben seinen Entwürfen für Braun, Peill & Putzler, Buchsteiner wurden sie im Ausland als neues Kulturgut einer noch jungen Demokratie wahrgenommen, und auf den Mailänder Triennalen mit dem Grand Prix ausgezeichnet. Die WMF profitierte insbesondere von Wagenfelds Entwürfen Ende der fünfziger bis Anfang der sechziger Jahre. Erst als sich das Unternehmen in den siebziger Jahren veränderten Marktbedingungen beugte und sich zu einem „Großhandel für Geschenkartikel“ entwickelte, fanden Wagenfelds Gestaltungsmaximen keinen wirklichen Platz mehr.
In: Werkverzeichnis: „Täglich in der Hand, Industrieformen von Wilhelm Wagenfeld aus sechs Jahrzehnten, hg. von B. Manske, Bremen 1994 S. 334, Nr. 559; Wilhelm Wagenfeld, 50 Jahre Mitarbeit in den Fabriken, Ausstellung des Kunstgewerbemuseums der Stadt Köln 1973, S.85, Nr. 559.
Preisref.: Von Zezschwitz München Auktion 62 , 14.10.2010, Los 694, Taxe 280 EUR.
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