Ettore Sottsass gehört zu den bedeutendsten italienischen Designern des 20. Jahrhunderts. Wahrgenommen wurde er von der Öffentlichkeit vor allem als wichtiger Vertreter der Postmoderne und Mitglied der Künstlergruppen Memphis und Alchimia. Doch betrachtet man sein Gesamtwerk, so lässt sich dieses keineswegs auf die postmoderne Formensprache der 1980er-Jahre reduzieren. Im Gegenteil: Ettore Sottsass war ein erstaunlich kreativer Künstler, der sich intensiv mit gesellschaftlichen Fragen auseinandersetzte, die Entwicklungen seiner Zeit verfolgte, verschiedene Materialien verarbeitete und damit nach immer neuen Ausdrucksformen suchte. Auch in der Keramik! Das Düsseldorfer Hetjens-Museum widmet dieser künstlerischen Seite eine große Ausstellung, die nun bis zum 22. April 2012 verlängert wurde.
1917 in Innsbruck geboren, trat Ettore Sottsass zunächst in die Spuren seines Vaters und absolvierte wie dieser ein Architekturstudium. 1946 verlegte er seinen Wohnsitz in das prosperierende Mailand und entwarf Messestände, Möbelstücke, Bühnenbilder, Stoffe, Teppiche und Vasen. Zudem beteiligte er sich an Architekturwettbewerben, malte und fertigte Skulpturen. Bereits in diesen Jahren begann er auch, Beiträge für die renommierte Kunstzeitschrift DOMUS zu verfassen.
Eine Reise 1956 in die USA hinterließ nachhaltige Eindrücke. Er wurde mit einer sich rasant entwickelnden Konsumgesellschaft und einer Vielzahl technischer Neuerungen konfrontiert. Er erkannte, dass man sich als Entwerfer mit den industriellen Produktionsmethoden auseinandersetzen muss. In künstlerischer Hinsicht faszinierte ihn die Malerei der Pop-Art. Von ihr ließ er sich zu phantasievoll-farbkräftigen Ausdrucksformen anregen. Damit fand die Pop-Art Einzug in das Design.
Vier Jahre später reiste Sottsass in die entgegengesetzte Richtung, nach Indien. Auch dieses Land hinterließ bleibende Eindrücke, von denen er Zeit seines Lebens zehrte. Er studierte Menschen, Landschaft und Architektur und setzte sich mit der hinduistischen Religion auseinander. Dabei fiel ihm das magisch-religiöse Verhältnis der Menschen zu Alltagsdingen auf. Sottsass schrieb: „Die Orientalen wurden nie müde, auf Porzellan und Keramik sakrale Symbole zu übertragen.“ In Abkehr vom Rationalismus und einer betont sachlichen Formensprache, wie sie das Bauhaus vertrat, versuchte er fortan, seinen Entwürfen eine größtmögliche Ausdruckskraft zu verleihen. Sie sollten den Nutzern helfen, sich bewusster mit dem Menschsein, den eigenen Emotionen und auch gesellschaftlichen Phänomenen auseinanderzusetzen. Er sah sich als Designer in der Pflicht, den Menschen Objekte in die Hand zu geben, die sie individuell nutzen können – weitgehend frei von Wertvorstellungen und tradierten Verhaltensmustern.
Zur Keramik kam Sottsass eher zufällig 1956 durch einen Auftrag des Amerikaners Irving Richards, der ihn mit der italienischen Keramikfirma Bitossi in Montelupo bekannt machte. Dort bekam Sottsass die Möglichkeit, mit dem Material Ton zu experimentieren und nutzte dies intensiv bis in die 1960er-Jahre. In dieser Zeit entstanden zahlreiche Unikate, aber auch erste Serien – vornehmlich von Vasen und Tellern. In der Folgezeit entwarf Sottsass auch für andere Firmen und Galerien und wagte sich an große Formate mit einer Höhe von bis zu zwei Metern.
Bis ins hohe Alter war Ettore Sottsass tätig; 2007 starb er 90-jährig in Mailand. Die Ausstellung im Hetjens-Museum ist die erste umfassende Präsentation seines keramischen Werkes. Es spiegelt die wichtigen Lebensstationen des Künstlers und seine vielfältigen Inspirationsquellen wider. Die Leihgaben stammen aus Italien, den Niederlanden sowie der Schweiz und schließen auch Beispiele seines zeichnerischen und fotografischen Werkes ein.
Hetjens-Museum/Deutsches Keramikmuseum, Schulstraße 4, dienstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet (mittwochs bis 21 Uhr).