„Plötzlich auf Modediktat geschieht das Erstaunliche: der verwöhnteste Geschmack trifft `unechten Schmuck´. Paris hat die Mode des unechten Schmucks geschaffen, London fördert sie und nun breitet sie sich überall aus. Ein wahrer unechtstaumel hat den Schmuckmarkt ergriffen…„, schreibt ein Kommentator der „Exposition Internationale des Arts Décoratifs et Industriels Modernes“ im Jahre 1925.
Als vor ungefähr zwanzig Jahren der erste Art Déco-Schmuck, Halsketten, Colliers und Armbänder aus verchromten Metall mit kräftig farbigen Akzenten auftauchten, war man von diesem Modeschmuck im sachlich-kühlen Bauhausstil sofort begeistert. Ihre Identifizierung war jedoch nicht möglich, da keine Kette mit einer Künstler-Marke oder einem Firmensignet versehen war. Man kannte weder den Hersteller noch das Land, in dem diese Preziosen produziert wurden.
Als nun vor einiger Zeit Musterbücher auftauchten, in denen die Vorlagen bzw. Muster zu finden waren, dauerte es nur kurze Zeit bis man schließlich zum Ausgangspunkt dieses außergewöhnlichen Schmucks gelangte, nach Idar-Oberstein zur Firma Jakob Bengel.
Die Wiederentdeckung der Kollektionen war der Wiederentdeckung der historischen Musterbücher, in denen die Vorlagen bzw. Muster für diesen außergewöhnlichen Schmuck zu finden waren, zu verdanken. Ihr Studium bringt die unglaubliche Vielfalt und das kaum zu überschauende Formenrepertoire dieser Schmuckproduktion ans Tageslicht.
Aber auch neue Erkenntnisse im Bezug auf die Modeschmuckproduktion der Firma Henkel & Grosse in Pforzheim konnten gewonnen werden. Seit langem ist bekannt, dass Henkel & Grosse seinen seit den 1950er Jahren angebotenen Dior-Schmuck in Kaufbeuren-Neugablonz fertigen lässt. Die Musterbücher der Firma Bengel zeigen jetzt, dass auch Modelle aus der Galalith und Metallschmuckserie der 1930er Jahre nicht in Pforzheim, sondern in Oberstein für Henkel & Grosse gefertigt wurden.
Vgl. weiterführend Weber 2002.