„Ikora“-Edelmetall, Leuchte, Paul Haustein, WMF, Geislingen, 1929

Langgestreckte Balusterform auf Ringstand, sog. „Ikora“-Metall, grün feuerpatiniert, graviert, mit Feinsilbereinlage, stilisierter Blatt und Blütendekor des Mandelbaumes mit sitzendem und fliegendem Singvogel. Höhenverstellbarer Rohrschaft aus Messing, verchromt, zweiflammig, neu elektrifiziert, schwarzer Druckknopfschalter auf der Schulter des Korpus, weißer Schirm mit Textilstruktur, aus der Zeit, gut erhalten.

Design: Paul Haustein, 1929
Ausführung: Württembergische Metallwarenfabrik (WMF), Geislingen/Steige.
Modellnummer: PH (67R/489).
Bez.: am Boden und auf der Fassung WMF mit Turmzeichen (eingeschlagen, vertieft).
Maße: Höhe 35 cm (nur der Stand), Höhe 63 cm (Stand mit Rohrschaft und Fassung, ohne Schirm).

Sehr guter Zustand. Keine Dellen, Kratzer in der Dekroation nicht oberflächlich, sie sind Teil der Patina.

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Objektenummer: L201257 Kategorien: Schlagwörter: , , , ,

Beschreibung

Der damalige Generaldirektor der WMF Dr. Hugo Debach war ein leidenschaftlicher Sammler und Kenner ostasiatischen Kunsthandwerks. Ihn faszinierten die japanischen Techniken der Metallplatinierung, so dass er bereits vor dem Ersten Weltkrieg dazu Experimente durchführen ließ. Ende der Zwanziger Jahre stellte die „Neue Kunstgewerbliche Abteilung“ (NKA) der WMF dann die so genannten „Ikora“ Edelmetallwaren, neben den ebenso bezeichneten Gläsern und weniger bekannt auch den Keramiken, her.

Mit dem Namen „Ikora“ und den neuen Techniken verband sich etwas Geheimnisvolles, ganz gleich ob es sich um die Scharffeuer-Patinierung von Metallgegenständen oder um die vielfarbige Inkrustation von Kristallgefäßen handelte. Die Leuchtkraft der Farben, der Reichtum an koloristischen, durch keine andere Technik je erreichten Tönen, die ineinander übergehen und sich vermischen, sicherte den Ikora-Erzeugnissen ihren einzigartigen Rang im modernen Kunstgewerbe.

Da bei den Ikora-Metallwaren der industrielle Bezug deutlicher hervortrat als bei den Gläsern und Keramiken, leisteten diese in den 30er Jahren einen für das Unternehmen wichtigen Betrag zu „modernem Industriedesign“, in Abgrenzung zu „traditionellem Kunstgewerbe“. Damit war die Ikora-Metall-Produktion von zentraler Bedeutung für das angestrebte moderne Image der WMF.

Aus dem NKA-Sortiment ragen die Arbeiten von Paul Haustein (geb. 1880 Chemnitz, gest. 1944 Stuttgart), Fritz August Breuhaus de Groot und Richard Riemerschmid heraus.

Haustein war wie Riemerschmid seit 1907 Mitglied des Deutschen Werkbundes und hatte sich der „Veredelung der gewerblichen Arbeit im Zusammenwirken von Kunst, Industrie und Handwerk“ verschrieben. Im Gegensatz zu den Entwürfen von Breuhaus beeindrucken seine Beiträge vor allem durch die Dekore und durch die Vielfalt und Qualität der zumeist an ostasiatischen Vorbildern orientierten Anwendungen kunsthandwerklicher Techniken. Die hier angebotene seltene Leuchte zählt zu den herausragenden Entwürfen die Haustein für die WMF im Jahr 1929 anfertigte.

Während Breuhaus und Riemerschmid als (Innen-) Architekten bekannt waren, hatte sich Haustein vor allem als Lehrer hervorgetan. Heute ist er am ehesten als künstlerischer Mitarbeiter der „Vereinigten Werkstätten für Kunst im Handwerk“ München und als Mitglied der Mathildenhöhe Darmstadt bekannt, an die er 1903 berufen wurde und wo er mit verschiedenen Zimmerausstattungen, graphischen und kunstgewerblichen Arbeiten an der zweiten Ausstellung im Jahr 1904 beteiligt gewesen war. Ebenfalls 1904 wurde er auf der Weltausstellung in St. Louis für seine Arbeiten (Schmuck, Kleinmetallgerät) ausgezeichnet. Er wechselte 1905 an die Lehr- und Versuchswerkstätten der Kunstgewerbeschule in Stuttgart. Dort war er zunächst Lehrer und ab 1907 Professor für Metallkunst, ab 1938 und bis zu seiner Pensionierung 1940 der stellvertretende Direktor.

Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges und dem überraschenden Tod von Hugo Debach endete die Ikora-Edelmetallfertigung im Jahr 1939. 1948 wurde die Produktion mit einfachen Techniken und stark reduziertem Sortiment wieder aufgenommen. Ende 1970 wurde sie endgültig eingestellt.

In: Verzeichnis der Entwürfe von Paul Haustein für die WMF AG 1929, PH (67R/489), wieder abgedruckt in: Carlo Burschel, Heinz Scheiffele: WMF Ikora-Metall, Stuttgart 2006, S.47.

Da das Stück bisher auf dem Kunstmarkt noch nicht angeboten wurde, können hier nur vergleichende Preisreferenzen herangezogen. Der Unterschied zw. Werksentwürfen, Zuschreibungen und solchen Stücken die sicher Paul Haustein zugeschrieben werden können, schlägt sich entsprechnd im Preis nieder: vgl. Quittenbaum München, Auktion 68, 22.10.2007, Los 648, Taxe 1000,- und Quittenbaum München, Auktion 52, 11.4.2006, Los 679, Taxe 850,- € (Ikora Metall-Lampenfuß, Werksentwurf, um 1930). Quittenbaum München, Auktion 68, 22.10.2007, Los 464, Taxe 2800,- €  (Ikora Metall-Vase, Paul Haustein); Von Zezschwitz München, Auktion 72, 1.12.20011, Los 158, Taxe 1600,- €  (Ikora Metall-Deckeldose, Paul Haustein, 1928); Von Zezschwitz München, Auktion 73, 19.4.20012, Los 94, Taxe 1800,- €  (Ikora Metall-Deckeldose, Paul Haustein, 1929).

Zusätzliche Information

Gewicht 3 kg

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